Am nächsten Morgen scheint tatsächlich die Sonne und alles sieht nur halb so schlimm aus. In der Nacht war das alte Haus echt gruselig und ich dachte schon wir saufen ab in der Bushaltestelle.
Wir sind beide etwas mitgenommen und so schweigen wir einen großen Teil des Weges. Ich liebe es, mit jemandem schweigen zu können, ohne mich unbehaglich zu fühlen.
So kämpfen wir uns durch Morgennebel und matschige Pfade nach Designy hinauf. Der Sturm hat ganz schön gewütet und Zweige abgerissen und Kies auf die Straßen gespült.
Wir unterhalten uns dann doch noch sehr intensiv und ohne dafür viel Worte zu verwenden.
Ja, es stimmt du kannst viel lesen in deinem Leben, aber du verinnerlichst es erst, wenn du es spürst.
Was nützt es sich vorzunehmen im Hier und Jetzt zu leben und dem Leben zu vertrauen, wenn du dann doch allen Eventualitäten vorbeugen willst und alles planst?
Beim Abstieg auf einer steilen Schotterpiste, die bestimmt einen Kilometer ins Rohnetal, nach Seyssel führt vertrete ich mir, den Fuß. Mist das hat mir gerade noch gefehlt! Es tut erst mal ganz schön weh.
Und dann haben wir es doch noch geschafft durch eine glückliche Fügung rechtzeitig nach Seyssel zu kommen und einkaufen zu können und sich den Höllenabstieg gespart.
Wir denken uns mit Essen ein und Finden einen pilgertauglichen Park direkt am Fluss und ich nutze die Gelegenheit und wasche mich und meine Sachen erst mal notdürftig auf einer öffentlichen Toilette.
Zusammen mit Jonas ist mir das nur halb so peinlich. Und nachdem ich meine hausfrauliche Pflichten erledigt habe, Wäsche gewaschen und zum Trocknen aufgehängt, lege ich mich erst mal in den Schatten und schlafe. Die letzte Nacht steckt mir doch noch ganz schön in den Knochen.
Jetzt fängt es schon wieder an zu gewittern und ich habe noch kein Zimmer. So schnell ich kann laufe ich nach Pont de Fier, dort soll es schöne Zimmer geben. Aber als ich dort ankomme ist alles verrammelt und jetzt fängt es an wie aus Kübeln zu gießen.
Gott sei Dank hat irgendjemand den Treppenaufgang zum Restaurant offen gelassen und ich setzte mich auf die Stufen und bleibe wenigstens trocken.
Ich fasse es noch nicht ganz, dass ich in Frankreich bin.
Ich muss mich tatsächlich erst an die Gepflogenheiten in Frankreich gewöhnen, wie die Öffnungszeiten von Lokalen und hilfreich ist auch die Vorwahl zu wissen, wenn du mit dem Handy telefonieren willst.
Ich bekomme ein wunderschönes Zimmer mit Blick auf die Fier. Im Restaurant ist noch niemand und ich lasse den Blick schweifen, so viel wunderschönes altes Holz und ein riesiger offener Kamin. Ich fange an zu träumen wie ich an einem eisigen Wintertag von draußen herein an komme und es mir davor gemütlich mache.
Das Essen ist wie immer süperb. Die Franzosen haben meine Hochachtung vor ihrer Art ein Abendessen zu zelebrieren.
Ich habe einen wundervollen Abend mit Claudette aus Genf, die auch den Jakobsweg geht. Irgendwann stellt sie mir die unausweichliche Frage nach dem warum. Ja warum tue ich das eigentlich genau und wie kann ich es in einem Satz formulieren?
So zögere ich etwas und sie denkt schon, dass sie einen Nerv getroffen hat. Ich versichere ihr, dass sei nicht der Fall und sage schlicht: Ich möchte mehr Freude in mein Leben bringen und denke das ist mein Weg, es zu erreichen!
Warum das so ist kann ich auch nicht erklären.
Ich folge einfach einen inneren Ruf.
Ist doch so, oder?
Kannst du alles erklären was du so tust? Oder machst du auch manchmal etwas, das scheinbar dem gesunden Menschenverstand widerspricht?
Manche Dinge weißt du einfach, ganz tief in dir drin, da kann dir keiner was erzählen.
Hochzufrieden begebe ich mich in Morpheus‘ Arme.