Was hab ich gut geschlafen bei Karin! Sie hat mich so gut versorgt, dass ich am liebsten geblieben wäre.
Sie hat den Camino schon vor vielen Jahren gemacht und hat später in Spanien eine Herberge für ein bis zwei Monate im Jahr betreut. Ich genieße ein herrliches Frühstück und sie bietet mir an Sachen von mir zurückzuschicken, weil sie bald nach Deutschland kommt.
Ich bin so gerührt, dass ich Pippi in den Augen habe. Sie schenkt mir noch ihren Reiseführer für den Küsten Weg, weil sie sie meint sie würde ihn wohl in diesem Leben nicht mehr laufen.
So etwas Ähnliches hat ihrer Freundin, die gestern Abend noch zu Besuch war, auch gesagt. Sie meinte sie wollte, sie wollte den Camino immer laufen, aber jetzt mit 70 sei es zu spät. Aber es ist mehr ihr Blick der sich mir in die Seele brennt, so voller Sehnsucht.
Das will ich nicht auch: in dreißig Jahren so eine unstillbare Sehnsucht in den Augen haben!
Also auf geht’s. Karin bringt mich noch ein Stück und umarmt mich zum Abschied. Vorher verrät sie mir noch, dass sie wieder nach Hause will, irgendwann.
Ich laufe den Berg hoch und irgendwann einfach über die Grenze nach Frankreich ganz unspektakulär.
Es ist wirklich furchtbar heiß heute 33 Grad aber ich bin ehrgeizig und will Kilometer machen. So laufe ich an der wunderschönen Herberge in Beaumont vorbei. In dem Gebäude war früher eine Käserei und sie hat einen guten Ruf. Dort wird übrigens auch deutsch gesprochen.
Auch das Château habe ich links liegenlassen, obwohl es ebenfalls sehr reizvoll aussah. Es war früher ein altes Kloster und Teile sin noch im Original erhalten. Eine sehr interessante Mischung aus alt und neu.
So komme ich weiter durch Jussy
wo ich meinen Durst am Dorfbrunnen stille und meine Unterarme, Gesicht und Nacken abkühle. Ein alter Mann, der im Schatten eines Bauernhauses gegenüber sitzt schaut mir dabei zu und lacht freundlich.
Es wird immer drückender und eine seltsame Atmosphäre entsteht. Es wird doch nicht ein Gewitter geben. Die Wolken ziehen sich zusammen und werden dunkler und es grollt schon in der Luft. Oh Mist. Ich wollte doch heute Nacht draußen schlafen.
Na hilft nichts, bei einem Gewitter bleibe ich nicht draußen. So erreiche ich mit letzter Kraft den Col de Mont Sion und denke ich spinne, hier steht ein riesiger Weihnachtsbaum und es sieht aus wie im Dorf vom Nikolaus.
Die spinnen doch!
In meinem Reiseführer steht, dass man hier sogar was zu trinken kriegen soll und mutig öffne ich ein Tor und stehe vor Frau Weihnachtsmanns Tea-Room. Da ist nur leider keiner. Es dudelt Weihnachtsmusik und ich habe den Verdacht, die Sonne war ein bisschen zu viel für mich heute.
Alles ist furchtbar kitschig und überladen und ich stoße endlich auf Menschen, die auch ziemlich normal aussehen. Ein netter Herr erklärt mir auf meine Frage auch, dass es sich um eine Ausstellung handelt und das Restaurant nebenan sei. Es ist inzwischen nach sechs, es ist stockduster und es donnert, doch das Restaurant macht erst um halb acht auf.
Na die haben ja Nerven, die Franzosen.
Gleich daneben ist ein Hotel und der Reiseführer sagt: sauteuer! Ich setzte mich ins Gras, um erst mal einen klaren Gedanken zu fassen, lese dass die nächste Herberge noch drei Kilometer den Berg rauf ist und es donnert im lauter und ich beschließe den Geldbeutel heute wieder nicht zu schonen.
Nach dem Einchecken hüpfe ich erst mal in den Pool und ich glaube, es war noch nie so schön wie gerade eben. Wie als Kind will ich gar nicht mehr raus und lasse mich einfach treiben.
Herrlich, mein Körper fühlt sich so schwerelos nach der Plackerei an. So muss es sein Anspannung und dann Entspannung.
Im Preis für das Zimmer inbegriffen ist ein 3 Gänge Menü und das ist wirklich lecker und Wein. So sinke ich bald ins Bett und kuschle mich unter die größte Bettdecke, die ich jemals gesehen habe.